Wie erklärt man Kindern eigentlich die Krankheit Demenz?

Diese Frage stellten sich vier Student:innen aus dem Studiengang Soziale Arbeit zu Beginn des Studienschwerpunkts Soziale Gerontologie im WiSe 21/22. Die Soziale Gerontologie beschäftigt sich mit dem Prozess des Alterns. Laut Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege waren im Jahr 2020 in Deutschland rund 1,6 Millionen Menschen von einer demenziellen Erkrankung betroffen (Quelle: BAGFW), tendenziell erkranken jährlich immer mehr Menschen an einer Form von Demenz. Die Diagnose führt für Angehörige oft zu Verunsicherung. Vor allem wenn Kinder involviert sind, deren (Ur-)Großvater oder -mutter an einer Demenz erkrankt sind, stellt sich für deren Eltern die Frage ‚Wie erkläre ich meinem Kind, dass die (Ur-)Großmutter Demenz hat?‘. Umso wichtiger sind also Aufklärungsangebote, die sich direkt an Kinder richten, um ein grundlegendes Verständnis für demenzielle Erkrankungen zu schaffen.

An dieser Stelle setzt das entstandene Konzept „Sturm im Kopf“ an, das von der Projektgruppe in Kooperation mit der Reutersbrunnenschule in Nürnberg Mitte Mai 2022 durchgeführt wurde.

Das auf vier Schulstunden ausgelegte Projekt gibt Kindern der ersten Klasse die Möglichkeit, die Krankheit Demenz kennenzulernen und zu verstehen.

Dabei führte eine Geschichte über ein Mädchen, deren Großmutter eine demenzielle Erkrankung hat und nun mit ihr und ihren Eltern zusammenlebt, durch den Tag.  Durch in der Geschichte vorkommende Aktivitäten, die die Großmutter in ihrer Kindheit, dem Erwachsenenalter und im Seniorinnenalter häufig getan hat, wurde zum Einstieg der Begriff der Altersstufen eingeführt. Im Hauptteil kam schließlich der Namensgeber des Projekts zum Einsatz: Der Sturm im Kopf.

„Sturmi“, der Sturm im Kopf der Großmutter, der die Demenz verkörpert, bläst dabei nach und nach alle Erinnerungen vom Baum des Lebens, an dem ihre Erinnerungen verankert sind, fort. Ein Blatt nach dem anderen fällt herab, bis schließlich keine Erinnerungen mehr vorhanden sind. Im „Faktencheck“ wurden den Kindern Fakten über die Krankheit Demenz vorgestellt, zum Beispiel dass man die Krankheit meist erst im hohen Alter bekommt oder sie nicht ansteckend ist. Um die Krankheit auch biologisch zu erklären, wurde den Kindern mit Hilfe eines Modells des Gehirns gezeigt, wie gesunde Nervenzellen im Vergleich zu demenziell veränderten Nervenzellen kommunizieren. Besonders gut kam in der Klasse das spielerische Erleben dieser Kommunikation an: Durch Flüsterpost wurde den Kindern die Funktionsweise von demenziell veränderten Nervenzellen nähergebracht. Das Gehirn würde die Informationen zwischen Nervenzellen gerne weitergeben, kann dies aber nicht, weil die Nervenzellen Flüsterpost spielen und Informationen, in diesem Fall Erinnerungen, auf dem Weg verloren gehen (vereinfachte Erklärungsvariante).

Zuletzt erarbeitete die Projektgruppe gemeinsam mit der Klasse Handlungsstrategien und Ideen, wie jede:r von uns mit Menschen mit Demenz umgehen kann. Das Ergebnis: Eigentlich ist es ganz einfach. Man sollte geduldig und freundlich auf Menschen mit Demenz zugehen und sie unterstützen, ganz egal ob beim Einkauf, Spaziergang oder bei der Suche nach ihrem Zimmer.

„Wir waren sehr überrascht, wie gut die Klasse auf das Thema Demenz reagiert hat. Einige Kinder wussten sogar schon etwas darüber und konnten den Schluss mit ihren kreativen Ideen bereichern!“ berichtet Hanna Bilek über die Durchführung des Projekts „Sturm im Kopf“.

 

 

Insgesamt war das Projekt ein voller Erfolg. „Unser Konzept „Sturm im Kopf“ hat in der Klasse gut funktioniert, wir sind sehr stolz auf uns“ fasst Amelie Linz die Projektdurchführung zusammen.

Zum Schluss gab es für die Kinder zum Abschied noch das Pixiebuch „Lili und ihre vergessliche Oma“, Infomaterial für ihre Eltern und einen Demenz-Führerschein. Alle Schüler:innen wurden während dieser Unterrichtseinheit zu kleinen Expert:innen im Bereich der Demenz und bekamen somit die offizielle Erlaubnis, ihr Wissen darüber an Freunde und Familie weiterzugeben.

 

Die Kinder waren sehr begeistert und zeigen sich nachhaltig tief beeindruckt.  Ich möchte mich ganz herzlich bei den Student:innen für dieses einfühlsame und die kindgerechte  Projekt bedanken. (Lehrerin)

Tafelbild mit Baum des Lebens, gefüllt mit Erinnerungen, und „Sturmi“

Sophia Bauer, Fabian Zeitler, Amelie Linz, Hanna Bilek

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